
Spielname:
Miitopia
Typ:
3DS-Spiel
Publisher:
Nintendo
Developer:
Nintendo
Genre:
Rollenspiel
Release:
28.07.2017 (erschienen)
Multiplayer:
nicht vorhanden
Altersfreigabe:
Frei ab 0 Jahre
Screenshots:
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Miitopia
Review: Miitopia
Tjark Michael Wewetzer, 30.07.2017
9262°
In der Mii-Lobby durften die Miis bereits eine Königsfamilie retten und in Tomodachi Life reisten verpixelte Ebenbilder der stilisierten Avatare auf der Suche nach großen Schätzen durch simple Korridore. Jetzt wird es Zeit für ein richtiges, großes Abenteuer mit der schrägen Schar! Genau das möchte uns Miitopia liefern, ein waschechtes Rollenspiel mit euren Miis in der Hauptrolle – und das sowohl auf Seite der Helden und Verbündeten sowie im Bunde des Bösen! Was im Prinzip ein Tomodachi Life mit mehr Tiefgang hätte sein können, erweist sich aber blöderweise als ungeschicktes Weichspül-RPG, dessen Reiz noch schneller verfliegt als beim eingangs erwähnten Mii-Schaukasten. Warum? Das erklären wir euch im folgenden Test.
Wer wird denn gleich sein Gesicht verlieren?
Der Grund für das Abenteuer ist schnell aufgedröselt: Der dunkle Fürst treibt im Lande Miitopia Schabernack und raubt unschuldigen Miis ihre Gesichter, die prompt auf herumstreunenden und nun aggressiven Monstern landen. Warum er das tut, ist erst einmal zweitrangig – viel wichtiger ist, dass wir ihm schleunigst das Handwerk legen und dabei möglichst viele Gesichter retten! Unsere Jagd beginnt in der Stadt Anfangs, genauer gesagt sogar einige Momente vor dem Überfall des finsteren Herrschers. Der Frieden hält natürlich nicht sonderlich lang und so finden wir uns auch in Windeseile auf der Suche nach gestohlenen Gesichtern wieder.
Unseren Haupthelden und seine nach und nach hinzustoßenden Gefährten erstellen wir dabei komplett selbst. Der gesamte Mii-Editor ist natürlich mit am Start, ihr könnt aber auch im Mii-Maker gespeicherte Schöpfungen oder die Bewohner eurer Tomodachi Life-Insel mitnehmen. Wer weitaus weniger kreativ ist, darf alternativ auf Importe per QR-Code oder gar zufällig ausgewählte Miis aus der Online-Datenbank zugreifen. Der Clou dabei übrigens: Viele der Nebenrollen werden standardmäßig aus eben solchen Zufalls-Miis anderer Nutzer besetzt. So turtelten in unserem Fall etwa die hylianische Prinzessin Zelda und der außerirdische Katzen-Gourmet Alf als verliebte Bürger in Anfangs herum. Sollten euch die Besetzungen nicht gefallen, könnt ihr sie aber recht unkompliziert über das Rollen-Menü anpassen. Wichtige Charaktere, wie das Königshaus von Anfangs, lässt euch das Spiel hingegen direkt selbst bestimmen. Ein schöner Touch, der die an sich simple Geschichte trotz mangelndem Einfluss auf die eigentlichen Dialoge glatt ein Stück persönlicher wirken lässt.
Entdecke die Blume in dir!
Während Nebenfiguren und Statisten nur in Sachen Optik umgebaut werden können, geht die Erstellung eurer Kampfgemeinschaft natürlich etwas tiefer. So gehört nebst Aussehen und Namen auch die Persönlichkeit und Charakterklasse zum Mii-Steckbrief. Ganz gemäß der schrägen Aufmachung von Miitopia finden sich unter den ausübbaren Berufen nicht nur Klassiker wie Krieger, Priester und Magier, sondern auch Sonderlinge der Marke Popstar, Katze oder Pflanze. Einige der Klassen werden jedoch erst im fortschreitenden Spiel verfügbar. Die Persönlichkeit eurer Helden sollte zudem auch nicht unterschätzt werden. Je nachdem, wie sie drauf sind, können sie nämlich zufällig mal mehr, mal weniger hilfreiche Manöver ausführen. So lassen nette Miis angeschlagene Monster gnädig entkommen, während vorsichtige Naturen sich entschlossen hinter ihren Kameraden verstecken und diese den Schaden abfangen lassen.
Womit wir zum eigentlichen Spielfortschritt und dem Kampfsystem kommen – und genau da liegt der Hund begraben. Wer sich hier ein vollwertiges Rollenspiel mit ausgiebigen Erkundungstrips, spannenden Kämpfen und trickreichen oder zumindest interessanten Dungeons erhofft, der wird maßlos enttäuscht. Stattdessen schleift ihr euch auf der Weltkarte von Markerpunkt zu Markerpunkt und schaut euren Miis beim vollautomatischen Wandern zu. Alle paar Meter erfolgt ein kleines Ereignis, bei dem es sich in der Regel um Kämpfe oder Schatzkisten handelt. Gelegentliche Abzweigungen, Nonsens-Unterhaltungen oder andere Albernheiten sollen für Abwechslung sorgen, die Dialoge fallen dabei aber nie wirklich so abstrus komisch aus, wie es in Tomodachi Life der Fall ist. Damit wird die Reise sehr schnell zu einer eintönigen Warterei, die sich immerhin durch Gedrückhtalten der B-Taste beschleunigen lässt.
Die rundenbasierten Kämpfe mit den seltsamen Monstern von Miitopia reißen es leider auch nicht wirklich raus. Zunächst einmal könnt ihr nur euer persönliches Mii direkt herumkommandieren. Eure bis zu drei Gruppenmitglieder agieren nach Gutdünken der KI, die sich glücklicherweise zumindest nicht allzu ungeschickt anstellt. Grobe Taktik-Richtlinien vorgeben? Gibt's nicht. Ihr könnt lediglich eines eurer Kampf-Miis zu Erholungszwecken in die Ruhezone verschieben oder sie mit gesundheitsförderlichen (und begrenzt nutzbaren) Streuern stärken. Gegen die normale Gegnerschar in der Regel auch kein Thema, könnt ihr diese doch im Prinzip per Auto-Kampf wegpusten. Bei Bosskämpfen im späteren Spielverlauf kann dieser limitierte Aktionsspielraum allerdings schnell in Frust umschwenken – und sei es nur, weil eure Miis lieber ihre Trefferpunkte mit einer HP-Banane im oberen Bereich halten wollen, anstatt dem Chefgegner den Gnadenstoß zu geben. Die persönlichkeitsabhängigen Zufallsaktionen können ebenfalls ziemlich nerven, wenn sie zur völlig falschen Zeit auftreten.
Und dann wurde alles schlimmer
Ziemlich befremdlich und vor allem nervtötend ist auch, dass – Achtung, kleiner Spoiler – auf der Reise zum dunklen Fürsten am Ende jedes Aktes eure Freunde entführt und ihr für die ersten paar Abschnitte komplett allein dasteht. Schlimmer noch: Euer Charakterlevel wird zurückgesetzt und eure zuvor gewählte Charakterklasse vorübergehend gesperrt. Miitopia möchte das durch zusätzliche Jobklassen aufwiegen, die nach dem Unglück freigeschaltet werden, doch nach dem zweiten Mal drückte dieser Reset gewaltig auf unsere Motivation. Theoretisch könnt ihr das durch Werte-Boni aufwiegen, die ihr über gesammelte Nahrungsmittel aufbaut und auch beim Fürsten-Überfall behaltet, doch selbst dann hatten wir zu Beginn der neuen Abschnitte zunächst einmal mächtige Probleme, weil uns die Feinde schlichtweg überrant haben. Hinter dieser hirnrissig wirkenden Idee steckt tatsächlich so etwas wie ein tieferer Sinn, sobald ihr eure entführten Kameraden wieder auflest, doch gutheißen müssen wir dies dafür noch lange nicht.
Steuerung:
Ihr habt vielleicht gemerkt, dass es gar nicht mal so viel zu kontrollieren gibt. Entsprechend simpel und unkompliziert fällt das Steuerungskonzept aus. Mit dem Circle Pad oder dem Steuerkreuz geben wir die Marschrichtung an, während simple Menübefehle den ganzen Rest erledigen – alternativ auch über den Touchscreen. Die B-Taste wird übrigens einer ganz besonderen Belastungsprobe unterzogen, denn durch Gedrückthalten eben dieser wird das Spielgeschehen beschleunigt. Es versteht sich von selbst, dass wir das schamlos ausgenutzt haben.
Grafik:
Man muss Nintendo zumindest lassen, dass die Fantasy-Welt von Miitopia entsprechend des schrägen Humors ziemlich bunt und die Monsterschar teils äußerst absurd ausfällt. Letzterer Umstand ist aber eher der Tatsache zu verdanken, dass jede Kreatur mit einem Gesichtsmerkmal eines Miis versehen wurde. Ansonsten wirken die Umgebungen trotz der stimmigen Atmosphäre irgendwie routiniert und altbekannt. Immerhin fügen sich die Miis gut in das Szenario ein und fühlen sich nicht wie Fremdkörper an. Den 3D-Tiefeneffekt könnt ihr euch übrigens getrost schenken. Der fällt nämlich in der Regel dermaßen schwach aus, dass ihr ihn selbst auf höchster Reglerstufe kaum bemerkt.
Sound:
Stichwort „kaum bemerkt“: Die Musik ist ebenfalls nicht sonderlich denkwürdig. Zwar finden sich hier und da ein paar heitere Tracks für die munteren Mii-Abenteuer, doch wirklich mitreißend ist keines der Stücke. Wer übrigens auf umfassende Sprachausgabe nach Tomodachi Life-Art hofft, wird enttäuscht. Miitopia beschränkt sich auf simple Soundeffekte, die Sprache simulieren sollen – robotermäßige Mii-Unterhaltungen findet ihr hier keine. Schade eigentlich, denn das hätte den Humor vielleicht noch ein wenig aufwerten können.
Fazit:
Tomodachi Life bestach damals durch seine schiere Vielfalt an wunderbar absurden Szenarios und die faszinierenden Beziehungsspielchen zwischen den Miis. Es war ein kleiner, virtueller Schaukasten mit viel Herz und Humor. Daran hätte Miitopia wunderbar anknüpfen und ein nicht minder schräges Rollenspielvergnügen erschaffen können. Sobald man sich aber erst einmal über die ulkigen Zufallsbesetzungen der unwichtigeren Dorfbewohner schlappgelacht hat, zeigt sich ziemlich schnell das wahre, äußerst eintönige Gesicht. Die Reise zum dunklen Fürsten erweist sich als mühsames und langweiliges Vorhaben, bei dem euch der Erkundungsteil und auch weite Teile des Kampfsystems lediglich zum Zuschauen verdammen. Die generelle Rahmenhandlung fühlt sich nicht einmal halb so abgefahren an, wie sie angesichts der Prämisse hätte sein können. Selbst die zufällig auftretenden Komik-Einlagen, bei denen ein Mii etwa unvermittelt in einer Fallgrube landet und der Rest unbekümmert weitermarschiert, wirken mehr bemüht als lustig. Tut euch einen Gefallen und spielt die Demo. Wenn sie euch gefällt, dann lasst das Spiel stehen, denn im Prinzip habt ihr danach alles gesehen. Und sollte sie euch nicht zusagen, dann wisst ihr wenigstens, dass ihr nichts verpasst.
Freizeit-Pflanze: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für Planet3DS.de
Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.
Halbherziger RPG-Versuch, der trotz irrwitzigem Szenario einfach nur einschläfert. |
STORY:
3.0SPIELWELT:
3.0HUMOR:
5.0von 10
Szenario mit Potential… Sehr einsteigerfreundlich Als Einschlafhilfe brauchbar |
…das nicht genutzt wird Bemüht wirkender Humor Kaum Tiefgang Viel Warterei dank Auto-Kampf und -Erkundung Charakterreset bei Kapitelübergang nervt |
Es mag vielleicht nicht das beste Spiel des Jahres 2017 sein, aber die Demo fand ich sehr unterhaltsam. Ist zwar eher so was wie ein Handy-Minispiel als ein vollwertiges Game, aber es macht Spaß und das Spielprinzip habe ich in letzter Zeit nicht allzu oft gesehen.