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Kolumne: Generation Fast Food - Gamer gegen den Rest der WeltHermann Bogen, am 23.08.2011, Seite 1 von 1

Franz ist 15 und Gamer, seitdem er denken kann. Schon als Kind standen im heimischen Haus Spielkonsolen, gekauft von seinem Vater, einem Manager bei einer großen Verlagsfirma. Franz ist ein "Digital Native" und seit er lesen kann mit Internet und Videospielen vertraut. Jetzt kommt Franz in Köln aus dem Sony-Stand, auf dem er mit leuchtenden Augen die neue PSVita gespielt hat. "Ein tolles Ding", sagt er. Fügt aber sofort hinzu: "Gegen die Macht von Apple wird's aber schwer werden." Franz weiß, wovon er spricht. Als Redakteur einer kleinen Online-Seite über Handheldspiele im Internet hat er schon viele Artikel geschrieben, Spiele getestet und News gepostet. Politik interessiert ihn nicht. "Die machen doch eh, was sie wollen." Franz möchte später einmal Journalist werden. Den Rest seines Lebens Spiele auf Herz und Nieren testen - das wär's. Die ganze Diskussion um das für und wieder von Computerspielen, gerade bei älteren Semestern, macht ihn aber dann doch wütend. "Damals war es Heavy Metal, heute sind das wir Gamer. Die perfekte Zielgruppe für solche Sprüche."

Julia, eine Freundin von Franz, hat sich als Prinzessin Zelda aus dem gleichnamigen Spiel verkleidet. Für ihr Kostüm hat sie eine Woche lang genäht und sich so gut wie möglich an die Vorgaben des digitalen Vorbildes gehalten. Trotzdem hat sie bei dem von Hersteller Nintendo ausgelobten Gewinnspiel nicht den Preis für das beste Kostüm gewonnen. "Wahrscheinlich war meine Farbwahl nicht genau genug", stellt Julia selbstkritisch fest. "Seit ich auf der Messe bin, finde ich einen Detailfehler nach dem anderen." Cosplayer sieht man viele auf der diesjährigen GamesCom. Gerade läuft eine kleine junge Frau vorbei, verkleidet als Solid Snake aus dem japanische Action-Titel Metal Gear Solid. Der angeklebte Bart und die Uniform stimmen bis ins Detail. Bei vielen Messebesuchern löst diese Hingabe nur ein Kopfschütteln aus - besonders bei den Eltern, die ihre minderjährigen Kinder begleiten. Harald aus München hat seine Oma im Schlepptau. Obwohl er erst 16 ist, hat er den weiten Weg aus dem Süden angetreten, um Modern Warfare 3 zu spielen, den neuesten Titel der erfolgreichen Call of Duty-Reihe. Das Spiel ist im 18er Bereich des Publisherstandes, die Wartezeit für 20 Minuten Anspielen liegt bei 3 Stunden. "Meine Oma soll fragen, ob ich spielen darf", sagt Harald, dessen Bändchen am Arm eigentlich nicht für diesen Bereich geeignet ist. "Mein Vater verkauft Videospiele in München, konnte aber nicht kommen, darum hat er mich geschickt." Seiner Oma ist trotz gefühlter 45 Grad in den Hallen ein Fels in der Brandung pubertierender Teenager. "Wenn's dem Jungen doch Freude macht."

Verdummen würden die Kinder durch die Computerspiele. Zu Gewalttätern werden. Als in Norwegen die Schüsse verstummten, lautete eine der ersten Nachrichten, dass der Täter wohl Computerspieler gewesen sei. Rund um Winnenden im Südwesten Deutschlands dürfen Titel ab 18 nicht mehr beworben werden, ob Spiel oder Film. Menschen, die nicht mit Spielen aufgewachsen sind, verdammen das Thema als "Hype" und schimpfen darüber, dass zu wenig auf Wald und Wiesen gespielt wird. Dabei müssten sie an einem warmen Tag einfach mal aus dem Fenster sehen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Aber da muss man sich schließlich über den Lärm aufregen, den die kleinen Fußballspieler mal wieder machen.
Schon die alten Griechen lästerten über die Flegeleihen der Jugend. Und trotzdem sei heute alles anders. Schneller, leichter verdaulich, süchtig machend. "Fast Food" ist der neue Spitzname für diese Generation, dabei ist diese Eigenheit in den 50er und 60er Jahren entstanden - und wurde bereitwillig von der jetzt mosernden Klasse angenommen. Bleibt der Vorwurf der Politikverdrossenheit, die immer wieder gern genommen wird, um zu demonstrieren, dass die Jugend zuviel vor den interaktiven Bildern hockt. Dabei macht es die derzeitige Generation vor, wie man an der mehr als schlechten Wahlbeteiligung aller Orten sieht. Die Medien: Ein einziger Pool von Widersprüchen, voll Angstmacherei. Angst verkauft sich besser, wusste schon Michael Moore aufzudecken. Seit Bowling for Colombine hat sich einiges geändert: Die deutschen Medien sind auf den Zug aufgesprungen. Jeden Tag stellt ein anderer selbsternannter Experte die Zukunft der Menschheit und unserer Gesellschaft in Frage. Politiker, die viel von Unabhängigkeit reden, aber ihre Fahne in den Wind der Zeitschrift mit den vier Buchstaben hängen, beherrschen das allgemeine Bild.

Es ist nicht die Jugend, die verdrieslich geworden ist. Sollte es jemals zu einer Alieninvasion komme, wären die jungen Starcraft-Strategen wohl die einzigen, die uns retten könnten. Viele Spiele erlauben heute das Wählen zwischen einem guten und einem bösen Weg, um das Ende zu sehen. Jetzt raten Sie mal, welcher am häufigsten genommen wird.
Geht wieder eine Prinzessin retten: Hermann Bogen für Portablegaming.de
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Sind wir doch mal ehrlich: Gäbe es keine Videospiele, auf die man nationale Gewalt schieben kann, hätten Musikgruppen und Künstler wie Rammstein oder bspw. Marilyn Manson eben einfach nur noch mehr Negativpresse.
Einen Schuldigen für Missstände in der Gesellschaft muss man ja schließlich finden.
es muss halt einen sündenbock geben
demnächst heissts wahrscheinlich auch noch das es in super mario darumgeht so brutal wie möglich gumbas umzubringen um ans levelende zu gelangen und in den nachrichten kommt dann sowas wie "...die jugendbrutalität hat eine neue stufe erreicht (...)seit ein paar wochen tauchen immer wieder videos von schulen auf an denen die jugendlichen nicht einfach mehr zuschlagen sondern neuerdings im Super Mario - Stil auf ihre Opfer draufspringen":D
wie wärs damit macht doch einfach die USK- Aufkleber so groß wie das halbe Cover ...ach ja stimmt gibts ja schon :)
@Streen: Und genau deshalb sind sie so wie sie heute sind. Total durchgeknallt und an der Macht. Das Problem an vielen Aspekten der Politik ist, dass man nur zwischen dem geringeren Übel wählen kann. Die Gesellschaft ist so verzweigt, dass keiner da ist, der wirklich alle Seiten verstehen kann und darum gibt es immer jemanden, der sich auf den Schlips getreten fühlt. Was man macht ist verkehrt und das gerade mit Macht.
Ich denke Casualgames haben einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Vielerseits werden Spiele nun als Kulturgut gesehen in den USA wurden sie sogar auf eine Ebene mit der Kunst angehoben. Es geht voran, aber schleppend. Dabei sollte sich jeder vor die Wahl stellen. Schaue ich mir den neuesten Blockbuster im Kino an oder setze ich mich mal vor ein "kultiviertes"-Spiel (Vorsicht Wortwahl) wie beispielsweise Portal 2 und sorge dafür, dass mein Geist mich durch Story treibt?
Wählt selbst.
Wobei ich eher wenige Spiele in die Kategorie "Echte Kunst" stecken würde... den Kunst hat auch schon lange nichts mehr mit Qualität zu tun.
wir wollen doch nur spielen..
http://de.krautgaming.com/22967/ragemode-rtl-explosiv-berichtet-uber-die-gamescom-2011/