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Kolumne: Nintendo 3DS zwischen Euphorie und ErwartungenChristian Nork und Marcel Gelhar, am 18.06.2010, Seite 1 von 1


Jedes Genre will bedient werden, jede Kamelle wird wieder ausgepackt, so alt sie auch sein mag. Selbst die unsäglichen Nintendogs werden wieder auf die Menschen losgelassen, diesmal unterstützt von garantiert allergiefreien Katzen. Lolcatz für Unterwegs und sogar in 3D, was ein Spaß!
Neben all dem Hype und der Hysterie bleibt nur die Frage: Neue Ideen? Neue Konzepte? Neue Figuren? Fehlanzeige. Alter Wein in neuen Schläuchen, für den 3DS riskiert Nintendo nichts. Man weiß, was man die letzten Jahre falsch gemacht hat und möchte um Himmels Willen ein Desaster wie den Virtual Boy vermeiden.
Dieser wird bis heute von Nintendo totgeschwiegen, erreichte auf der diesjährigen E3 aber immerhin den Status als „Wir waren vor zig Jahren schon mal mit 3D am Start, diesmal machen wir es aber richtig“ – oh du Nebensatz des großen Iwata, Gunpei Yokoi wird dir aus dem Grabe freundlich zuwinken und sich eins grinsen.
Ist es zuviel verlangt, etwas Neues zu wollen? Nintendo ist dafür bekannt, ein „winning team“ nie zu „changen“. Aber BITTE: Drei Jahre soll der 3DS in der Entwicklung gewesen sein – und man hat nichts, aber auch gar nichts exklusives, einmaliges, nochniedagewesenes zu bieten? Würde mich nicht wundern, wenn als nächstes Pepe und Nana aus Ice Climber mit einer 3D-Version auftrumpfen. Und die Smash Bros. dem Spieler ihre zerstampfen Gegner entgegenwerfen. „Recycling“ nennt man das auf gut Deutsch. Das ist billig, einfach und jeder weiß, was er kriegt. Was der Bauer nicht kennt…
Nintendo ist das egal, schließlich ist die gesamte Fachpresse voll des Lobes. Alternde Spieleveteranen, die sich in Foren damit brüsten, schon auf Commodore und Amiga gedaddelt zu haben, zeigen auf einen Epona reitenden Link und behaupten: „Bub, DAS waren noch Zeiten!“

Aller Unkerei zum Trotz: Die Möglichkeiten sind da! Sollte der 3DS ein Erfolg werden (und alles spricht dafür), dann kommen sie sicher alle aus ihren Löchern gekrochen. Was ein Scribblenauts-Entwickler mit Gyrosensor und 3D alles anstellen kann, möchte ich mir gar nicht erst ausmalen – aber Spielen möchte ich es!
Mahnt mit dem Zeigefinger und fordert mehr Kreativität: Christian Nork [Trunx] für PlanetDS.de
Marcel Gelhar: Ganz ruhig Mr. Nork, die Ader an deiner Schläfe nimmt eine bedrohliche Größe an. Trotzdem muss ich dir teilweise Recht geben, Nintendo serviert uns altbekanntes schmackhaft angerichtet. Doch ist es nicht genau das, was die meisten Gamer wollen!? Man stelle sich die Ankündigung des 3DS vor, ohne auch nur ein einziges von Nintendos vielen Zugpferden zu erwähnen. Die Skepsis würde der Neugier überwiegen, gerade bei einer 3D-Technik, deren Effekt man daheim vor den Bildschirmen nicht mal erahnen kann. Um möglichst viele potentielle Käufer anzusprechen, müssen dementsprechend auch so viele Kaufanreize wie nur möglich geschaffen werden. Die Dritthersteller springen natürlich auf diesen Erfolgszug auf und schmeißen ihrerseits die großen Namen gleich mit in das Portfolio an bekannten Maskottchen und Titeln.
So ist halt jeder Fanboy glücklich, schwelgt sich in Erinnerungen an vergangene Zeiten und bekommt gar nicht mit, dass man hier insgesamt lediglich ein lauwarmes Süppchen vorgesetzt bekommt.

Als Linkshänder stellt sich mir außerdem die Frage, wie ich ein Spiel wie Kid Icarus, welches sowohl Touchscreen als auch Analog Stick benötigt, überhaupt zocken soll. Beim normalen DS gab es dafür eine Linkshänder-Option, bei der man die Buttons als Steuerkreuz missbrauchte. Aus dem Grund pflege ich bis heute meinen klobigen Brotkasten, da alle Nachfolger-Modelle mit extrem schwammigen Tasten daherkamen.
Ganz so einfach dürfte das diesmal jedoch nicht zu realisieren sein, denn die Tasten können unmöglich einen Analog-Stick ersetzen. Also heißt es entweder den Stick in die schwache rechte Hand, oder auf einige mögliche Spiele-Perlen zu verzichten – ich fühle mich diskriminiert.
Doch genug der Schwarzmalerei, immerhin basieren all diese Befürchtungen auf bisher recht spärlichen Fakten. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht unbedingt den Eindruck macht, bin ich der Meinung, dass uns Big-N nicht enttäuschen wird. Bis zum Release des 3DS ist ja noch ein Weilchen hin - genug Zeit um weitere, innovative sowie gewagte Titel anzukündigen und sich über die Steuerung Gedanken zu machen.
Blickt trotz einiger Kritik positiv in die Handheld-Zukunft: Marcel Gelhar [Nibbler] für PlanetDS.de
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